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Forschungsthemen

Struktur und Stabilität von Membranproteinen

Die korrekte dreidimensionale Struktur von Proteinen und demnach der Faltungsprozess sind für die richtige biologische Funktion essentiell. Außerdem sind dynamische und konformative Änderungen wichtige Faktoren, die ihre Funktion bestimmen. Viele Krankheiten werden durch die Fehlfaltung eines Proteins hervorgerufen. Deshalb ist das Verständnis des Faltungsprozesses entscheidend für die Entwicklung von Heilmethoden.

Fast ein Drittel aller Gene kodieren Membranproteine. Ungefähr 50 % der Medikamente wechselwirken mit Membranproteinen, aber die 3D-Struktur ist erst von weniger als 1 % aller Membranproteine bekannt. Um so wichtiger sind daher Methoden, die zur Analyse ihrer Struktur und Dynamik herangezogen werden können. Die Kraftmikroskopie und die Kraftspektroskopie sind Oberflächentechniken, die unter natürlichen Bedingungen angewendet werden können und sind damit für die Untersuchung von Membranproteinen ideal geeignet.

Wenn die Spitze des Cantilevers ein Membranprotein berührt, kann sie (spezifisch oder unspezifisch) an den Terminus binden. Beim Zurückziehen der Spitze wird eine Kraft auf das Protein übertragen, welche zur Entfaltung des Proteins führt, und dabei Zwischenschritte der (Ent-) Faltung sichtbar machen kann. Die gemessene Streckung des entfalteten Polymers zeigt dabei an, wo die inter- und intramolekularen Wechselwirkungen, die das Protein stabilisieren, lokalisiert sind. Damit kann die Stabilität des Proteins unter verschiedenen Umgebungsbedingungen im Detail untersucht werden.

Die Kombination von Kraftmikroskopie und Kraftspektroskopie ermöglicht die Abbildung von einzelnen Membranproteinen und deren Ansprechung mit der Cantilever- Spitze. Nach der Entfaltung kann die Oberfläche noch einmal abgebildet werden, um die leere Stelle, entstanden durch das Herausziehen des Proteins, zu zeigen. Dies veranschaulicht die hohe Präzision und Sensitivität mit der wir Proteine manipulieren können.

Proteinentfaltung

Kraftmessungen an Bacteriorhodopsin, einem Membranprotein, das aus sieben transmembranen α- Helices besteht, zeigten, wie die Helices des Proteins in der Reihenfolge der Aminosäuren-Sequenz und bevorzugt paarweise entfaltet werden, d.h. individuelle stabile Subdomänen bilden.

F. Oesterhelt, D. Oesterhelt, M. Pfeiffer, A. Engel, H. E. Gaub, D. J. Müller, "Unfolding pathways of individual Bacteriorhodopsins" Science (2000) Bd. 288, S. 143-146

Datenanalyse

Wir entwickeln eine neue Herangehensweisen an die Analyse von kraftspektroskopischen Daten, um die Form des Bindungspotentials der untersuchten Wechselwirkungen und ihre Lokalisation im Protein möglichst genau bestimmen zu können. Dissoziationsraten die bei verschiedenen angelegten Kräften gemessen werden, reflektieren die spezifische freie Energielandschaft von stabilisierenden Wechselwirkungen. Vor kurzem haben wir eine einfache modell-freie Methode entwickelt, mit sich die freie Energielandschaft direkt aus den Daten der Kraft-Abstand Kurven mit hoher Präzision rekonstruieren lässt.

(L. Oberbarnscheidt, R. Janissen, F. Oesterhel , "Direct and model free calculation of force dependent dissociation rates from force spectroscopic data", Biophys J. (2009) Bd. 97, S.19-21)

Ligand- und Lichtinduzierte Konformationsänderungen

Kraftmessungen an Sensory Rhosopsin II (SRII) von Natronomonas pharaonis (NpSRII) und seinem Komplex mit seinem Signal Transducer (NpSRII/NpHtrII) zeigten deutliche Unterschiede in den spezifischen Wechselwirkungen in SRII nach der Bindung des Transducers. Die gleichen Experimente unter Anregung mit Licht bzw. im Dunkeln zeigten Änderungen in den intramolekularen Wasserstoff- bzw. Wasserbrücken, welche für die Signalweiterleitung des SR-HTR-Komplexes verantwortlich sind. Dabei konnten mehrere Regionen im Protein bestimmt werden, die unabhängig voneinander auf Transducer-Bindung und Lichteinwirkung mit einer strukturellen Änderung antworten. Einige dieser das Protein stabilisieren Regionen sind bereits in der Literatur beschrieben, andere konnten neu aufgezigt werden.

Kristallstruktur (Protein Data Bank ID 1H2S). Der Farbcode kennzeichnet neben der Kristallstruktur die Stärke der Änderungen in der Stabilisierung der jeweiligen Region nach Binden des transducers an SRII.

L. Oberbarnscheidt, M. Engelhard, F. Oesterhelt, "Reorganisation of the sensory rhodopsin II - HtrII interaction upon light activation", J Mol Biol. (2009) Bd. 394, S. 383-390.

Einfluss von kompatiblen Soluten auf Struktur und Stabilität von Membranproteinen

Als kompatible Solute bezeichnet man Osmolyte (= Stoffe die den Osmotischen Druck beeinflussen), die selbst in molaren Konzentrationen innerhalb der Zelle molekulare Prozesse nicht beeinflussen. Gleichzeitig wirken sie stabilisierend auf die Struktur von Proteinen, aber auch auf ganze Zellen und schützen diese gegen Hitze, Trockenheit, hohe Salzkonzentrationen oder denaturierende Umgebungsbedingungen.

Ihre chemischen Strukturen sind sehr vielfältig. Sie können zur Gruppe der Peptide, Zucker oder Polyole gehören, aber auch verschiedenste andere kleine Moleküle sein. Ihnen ist gemeinsam, dass sie ungeladen aber stark polar sind.

Kompatible Solute zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine spezifische Wechselwirkung mit Proteinen eingehen und doch starke und spezifische Effekte auf die Stabilität und Konformation von Proteinen zeigen. Der genaue zugrunde liegende Mechanismus ist noch nicht endgültig geklärt. Das Verständnis der zu Grunde liegenden physikalisch-chemischen Mechanismen wird es ermöglichen kompatible Solute für verschiedenste Anwendungen bis hin zum Einsatz in pharmazeutischen Produkten zu entwickeln.

Wir möchten überprüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen den biologischen
Auswirkungen auf zellulärer Ebene, die mit der Erhöhung oder Verringerung der
Konzentration von Osmolyten einhergehen, und der direkten Interaktion von
kompatiblen Soluten mit bestimmten Membranproteinen, gibt. Wir untersuchen die Wirkung verschiedener kompatibler Solute auf die Stabilität und Faltungsprozesse unterschiedlicher Membranproteine, wie Bakteriorhodopsin und anderer Proteine mit medizinischer Relevanz.

"Effect Of The Compatible Solute Ectoine On The Stability Of The Membrane Proteins", Arpita Roychoudhury, Dieter Häussinger and Filipp Oesterhelt, Protein & Peptide Letters, in Press

Analyse von oligomeren Amyloid beta Strukturen mittels Einelmolekül-Fluoreszenzspektroskopie und FRET

Das amyloid beta Peptid entsteht durch spezifische Spaltung des 'amyloid prescursor protein' (APP). Es aggregiert über Zwischenstufen zu linearen Fibrillen, die der Hauptbestandteil von im Gehirn von an Alzheimer erkrankten Patienten gefundenen Plaques sind. Neuere Untersuchungen zeigten, dass vor allem die frühen Vorstufen der Plaques stark neurotoxisch sind.

Wir wenden die Einzelmolekül-Fluoreszenzspektroskopie und FRET an, um den frühen Prozess der Aggregation auf molekularer Ebene zu verstehen und Rückschlüsse über den gesamten Aggregationsprozess ziehen zu können. FRET erlaubt die Messung intra- und intermolekularer Distanzen und hilft somit Strukturmodelle zu entwickeln, sowie die Dynamik der Konformationsänderungen zu verstehen. In Zukunft wird das Verständnis des Aggregationsprozesses der amyloiden Vorstufen auch bei der Entwicklung neuer Medikamentkandidate helfen.

Rekonstitution von Membranproteinen mit definierter Orientierung in Oberflächenunterstützten Membranen

Integrale Membranproteine, z. B. Inonenkanäle, Protonenpumpen und Enzyme sind verantwortlich für membranbedingte Prozesse, wie zum Beispiel die Interaktion zwischen verschiedenen Zellen oder einer Zelle und ihrer Umgebung. Fehlfunktionen von Membranproteinen können zu Krankheiten, wie der Alzheimer-Krankheit führen, was das Wissen um die Funktionsweise und Anordnung in einer Membran sehr wertvoll macht. Andererseits können sie, wegen ihrer hohen Empfindlichkeit und Selektivität auch für die Verwendung in Biosensoren berücksichtigt werden. Da Membranproteine außerhalb einer Membran oft ihre Funktionsfähigkeit verlieren, ist es sehr schwer allgemeingültige Informationen durch biophysikalische oder biochemische Methoden zu erhalten. Eine Methode zur Untersuchung ist die Eingliederung von Membranproteinen in tethered bilayer lipid membranes (tBLM). Proteine in einer tBLM können zum Beispiel durch Kraftkurven (mit AFM) untersucht werden.

Das Ziel unserer Arbeit ist die Ausbildung einer tBLM auf einer Quarzglasoberfläche mit einem, über eine Polyhistidin-tris-NTA Wechselwirkung angebundenen integralen Membranproteinen. Die Polyhistidin-tris-NTA Wechselwirkung zwischen Protein und Oberfläche sorgt darüber hinaus für eine definierte Orientierung des Proteins in der Membran, was wiederum einen Vorteil bei der Aufnahme von Kraftkurven darstellt.

Das Eingliedern eines Membranproteins in eine tBLM in einer definierten Orientierung auf Grund einer Interaktion zwischen der funktionalisierten Oberfläche und dem Protein stellt ein simplifiziertes Modellsystem dar. Es kann dazu beitragen, wichtige Informationen über Membranproteine zu erhalten, die bislang nur schwer untersucht werden konnten.

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